Vom Projekt zum Unternehmen
Ein Gastbeitrag von Rolf Lührs
Ein Unternehmen ist relativ schnell gegründet – und meist ebenso schnell wieder verschwunden. Es heißt, dass 80 % aller Neugründungen die ersten drei Jahre nicht überstehen.
Eine langfristig erfolgreiche Unternehmensgründung setzt daher vieles voraus: eine gute Idee, technisches, organisatorisches und kaufmännisches Wissen, das richtige Timing sowie ein Gespür für Märkte, Kunden, Personal und natürlich Kapital.
Aber welche Gründerin oder welcher Gründer verfügt über all diese Ressourcen selbst und von Anfang an? Wohl kaum jemand und deshalb ist es so wichtig, dass es Förderprogramme und Organisationen gibt, die Unternehmerinnen und Unternehmer in den unterschiedlichen Phasen unterstützen. Organisationen wie die Tutech Innovation GmbH.
DEMOS E-Partizipation, das Unternehmen, dass ich mit Partnern gegründet habe, ist dafür ein gutes Beispiel. Oder man könnte auch sagen: ein extremes Beispiel! Tutech hat die Gründung des Unternehmens von Anfang an unterstützt und zwar schon in einer Phase, in der es nicht mehr war, als die Projektidee eines wissenschaftlichen Mitarbeiters an der Technischen Universität. Das war Anfang dieses Jahrtausends, das Ziel war die Beantragung von EU-Förderung und thematisch ging es um etwas, was damals elektronische Demokratie genannt wurde.
Mit der Unterstützung des Tutech EU Offices ist es gelungen, ein Projekt mit acht Organisationen aus fünf Ländern zu finanzieren und bis zu Pilotanwendungen in Bologna und Hamburg erfolgreich abzuschließen. Entwickelt wurden Webanwendungen, Moderations- und Auswertungsmethoden mit dem Ziel, möglichst viele Bürgerinnen und Bürger in politische Entscheidungsprozesse einzubeziehen und gleichzeitig für die Politik anschlussfähige Ergebnisse zu erzielen.
Das Projekt war so erfolgreich, dass eine Unternehmensgründung zumindest vorstellbar war. Gleichzeitig war diese aber noch soweit entfernt, dass es ohne weitere Unterstützung dazu wohl nie gekommen wäre.
Statt zu gründen bekam ich von dem damaligen Geschäftsführer, Dr. Helmut Thamer, das Angebot innerhalb von Tutech eine Abteilung aufzubauen und unseren Ansatz dort weiter zu entwickeln. Für mich folgten spannende Jahre, in denen ich beim Aufbau der Abteilung “Interaktive Kommunikation” sehr viel lernen und mich in unterschiedlichen Projekten mal schneller, mal langsamer meinem Ziel annähern konnte.
Mir wurde außerdem klar, dass ein digitaler Ansatz zur informellen Bürgerbeteiligung kein Produkt war, das allein ein Unternehmen tragen konnte. Vor allem aber stimmte das Timing nicht: für die öffentliche Verwaltung war Digitalisierung Anfang der 2000er noch kein besonders wichtiges Thema.
Beides änderte sich erst gegen Ende des ersten Jahrzehnts. Meine Abteilung hatte sich inzwischen auf formale Verfahren in der Raumplanung fokussiert. Hier konnten wir der Verwaltung dabei helfen, gesetzlich vorgeschriebene und sehr aufwändige papierbasierte Beteiligungsverfahren digital abzuwickeln und dabei Zeit und Geld zu sparen. Erst Mitte 2009 war dann der Moment der Unternehmensgründung gekommen.
Und auch dabei hat Tutech meine Partner, Dr. Markus Klima, Matthias Rehkop und mich weiter unterstützt und zwar durch eine Beteiligung von 25,1%. Inzwischen gehört DEMOS zu den führenden Anbietern digitaler Beteiligungsverfahren in der Raumplanung und beschäftigt mehr als 30 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Hamburg und Berlin. Außerdem sind wir Pioniere in der Anwendung von KI-Verfahren in diesem Bereich.
Im Jahr 2017 schließlich kam der Zeitpunkt des Exits von Tutech. Der jetzige Geschäftsführer Martin Mahn erwies uns einen letzten großen Dienst, in dem er uns beim Umbau des Unternehmens zu einer Holding mit der DEMOS E-Partizipation GmbH als 100-%-Tochter unterstützte und außerdem bereit war, uns zu Konditionen in den freien Markt zu entlassen, die uns einen guten Start ermöglicht haben.
Welch eine lange Reise und was für eine schöne Zeit! Dass wir 2018 zu den Preisträgern des Technology-Fast 50 Awards der internationalen Wirtschaftsberatung Deloitte gehören und damit in den letzten Jahren zu den am schnellsten wachsenden Technologieunternehmen in Deutschland, zeigt: Was lange währt, wird nicht nur endlich gut, sondern kann dann auch noch richtig Tempo aufnehmen.
“Mit der Unterstützung des Tutech EU Offices ist es gelungen, ein Projekt mit acht Organisationen aus fünf Ländern zu finanzieren und bis zu Pilotanwendungen in Bologna und Hamburg erfolgreich abzuschließen.”
Rolf Lührs, DEMOS Geschäftsführer